27. 08. 2015

Sticky UX vs. Slippy UX

sticky_slippy_ux

Durchsucht man das Netz nach „UX Trends 2015“, stößt man immer wieder auf den Term „Slippy UX“. Dieser Begriff wurde Anfang des Jahres von Frog Design‘s Assistant Creative Director Jake Zukowski geprägt und bezieht sich auf eine besonders reduzierte UX, die möglichst wenig Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und v.a. im Context des Internets der Dinge (IoT) Anwendung findet. Im Folgenden werden die Konzepte der Slippy UX und der Sticky UX vorgestellt, ihre Anwendungsfelder näher erläutert, sowie der Zusammenhang mit IoT aufgezeigt.

Sticky UX

Der Term Sticky UX („klebende“ UX) beschreibt das bisherige Ziel vieler Anbieter digitaler Produkte: Die Produkte (Apps / Webseiten) sollen so interessant und mitreißend gestaltet sein, dass Nutzer gerne ihre Zeit damit verbringen. Je länger der Nutzer die Anwendung verwendet, desto höher ist die Chance, dass er nach einer gewissen Zeit zum Kunden wird. Selbst wenn keine Konversion stattfindet, soll die Erfahrung so gut sein, dass die Nutzer wiederkehren oder sie zumindest in Erinnerung behalten, sie sogar möglicherweise weiterempfehlen. Aus diesem Gedanken heraus hat sich beispielsweise der Gamification Trend entwickelt – also der Versuch spielerische Elemente in eine Anwendung einzubauen und somit die Nutzer stärker einzubinden und länger verweilen zu lassen.

Gerade für e-Commerce Websiten und Applikationen ist dies interessant: Wenn diese gut und „sticky“ gestaltet sind, dann verbringen die Nutzer ihre Zeit auch zum Stöbern nach Produkten, statt nach einem bestimmte Produkt zu suchen und die Seite zu verlassen, falls dieses nicht gefunden wird. Oft wird dann doch beim Stöbern ein anderes, gefälliges Produkt gefunden.

Sticky UX

UX in der Zeit von IoT

Das Internet der Dinge hat den Mainstream erobert, ob im smarten Auto, in smarten Zuhause oder im smarten Schmuck, die Welt wird immer verbundener. Nutzererfahrungen bekommen so einen neuen Kontext. Zu Hause vor dem Computer, aber auch im mobilen Kontext, ist zumindest ein gewisses Maß an Konzentration von den Nutzern zu erwarten. Oft wird das Smartphone beispielsweise dazu genutzt Wartezeiten zu überbrücken. Ist eine Anwendung unterhaltsam, so kann sich der Nutzer nur darüber freuen. Dies ändert sich nun mit dem Aufstieg des Internets der Dinge - neue Anforderungen an die Nutzererfahrung entwickeln sich hier:

Wearables, also smarte Produkte, die 24h / Tag am Körper getragen werden, verbinden den Nutzer direkt mit dem Internet. Sie haben oft keine wirklichen Bildschirme oder nur sehr kleine. Dennoch möchte der Nutzer alle Informationen auf einen Blick parat haben und diese einfach verstehen.

Auch im Bereich Connected Drive, also dem smarten Auto, gibt es anspruchsvolle Anforderungen. Hier ist zwar die Bildschirmgröße für mehr Informationen ausreichend, der Fahrer darf jedoch nicht von einem Übermaß an Informationen abgelenkt werden, während er mit dem Fahren beschäftigt ist. Hier ist es also wichtig, den visuellen Input gering zu halten, die Informationen möglichst bündig darzustellen. Ebenso sollte auch das Design möglichst unauffällig gestaltet sein, um auch hier Ablenkungen zu vermeiden.

In dem Bereich Smart Home findet die Nutzererfahrung alltäglich statt und die Produkte umgeben den Nutzer in jeder Minute, die er in seinem Heim verbringt. Ein solches System sollte nach der Installation idealerweise kaum wahrnehmbar sein und kaum aktive Handlungen benötigen. Die Erfahrungen mit den Prozessen im Haushalt sollen indirekt verbessert werden, ohne Routinen und Abläufe zu stören. Dieses gilt auch für Wearables.

Wie soll nun die Nutzererfahrung in solchen Umfeldern aussehen? Was ist das Ziel für die UX?

Slippy UX

Slippy UX

Die drei angesprochenen Felder (Wearables, Connected Drive und Smart Home) haben gemeinsam, dass die Nutzererfahrung, anders als bisher, eben nicht besonders spannend und mitreißend sein muss, sondern eher genau das Gegenteil: Möglichst wenig Zeit und mentale Kapazitäten sollen für die Interaktion gebraucht werden, damit der Nutzer sich auf wichtigere Dinge konzentrieren kann. Dies gilt sowohl für die Interaktion, als auch für das Design.

Genau dies bedeutet Slippy UX: Interfaces sollten so gestaltet werden, dass sie Informationen minimal darstellen, sodass essentielle Dinge auf einen Blick erfasst werden. Möglichst viel Inhalt soll in möglichst wenig Output gebracht werden. Wichtig ist es zu unterscheiden, welche Inhalte zu welchen Zeitpunkt für den Nutzer sinnvoll sind und welche vielleicht eher zu einem anderen Zeitpunkt (ggf. mit mehr Ruhe) gezeigt werden sollten. Hier spielt ganz klar das Sammeln von Nutzerdaten eine wichtige Rolle, sodass Informationen personalisiert und automatisiert angezeigt werden können. Klare Designs, die keine Ablenkung erzeugen, sind ein weiterer wichtiger Punkt. Im Mittelpunkt sollte immer der konkrete Use Case stehen, um nur genau so viel Informationen zu präsentieren / Interaktionen zu verlangen, wie auch wirklich notwendig ist.

Während bei den kreativen Ansätzen der Sticky UX der Nutzer gefesselt werden und eine persönliche Bindung zu dem Produkt aufgebaut werden soll, ist es schwer diese Art von Verbundenheit mit Slippy UX zu erreichen. Dennoch: Der Nutzer weiß es zu schätzen, wenn Technik, die lediglich unterstützen soll, auch dem entsprechend designed ist und nicht versucht im Rampenlicht zu stehen. Ein Beispiel für eine erfolgreich angewendete Slippy UX ist das Thermostat von Nest, welches die Gewohnheiten des Nutzers erlernt, gewünschte Temperaturen antizipiert und die Temperatur dem entsprechend automatisch reguliert. Nur bei Bedarf wird dann noch manuell durch ein extrem einfaches Interface nachreguliert. Während sonst das Thema Thermostate eher ein Gähnen beim Gesprächspartner hervorruft, löst dieses spezielle Gerät schon seit 2013 in den Vereinigten Staaten geradezu Begeisterungsstürme aus und konnte Verkaufszahlen von 50 000 Stück pro Monat verzeichnen. Kein Wunder, dass Nest schon 2014 von Google gekauft wurde – für 3,2 Milliarden Dollar.

Ob Sticky oder Slippy UX, beide Formen haben ihre Daseinsberechtigung: Der Kontext ist der Schlüssel. Wie der Kontext und Nutzerszenarien aussehen, kann herausgefunden werden, indem (potenzielle) Nutzer und ihre Angewohnheiten beobachtet und ihre Bedürfnisse ermittelt werden. Dann kann entschieden werden, wie die UX gestaltet werden soll, um die Bedürfnisse der Nutzer zu befriedigen.

Wissen Sie schon, wie die UX Ihres Produkts aussehen soll? Falls Sie dabei Unterstützung suchen, kontaktieren Sie uns gerne!

von Mara Ziemann
User Research

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